Gloger-Orgel von 1742 in St. Severi Otterndorf (Niedersachsen)
Gloger-Orgel von 1742 in St. Severi Otterndorf (Niedersachsen)

Abschied von der Gloger-Orgel

Zu Ostern 2024 wird sie zurück in Otterndorf erwartet

Natürlich ist es „nur“ ein Abschied auf Zeit, doch ein wenig gedrückt ist die Stimmung schon beim Abschiedsgottesdienst für die Orgel in St. Severi im niedersächsischen Otterndorf. Die größte Barockorgel zwischen Elbe und Weser ist abgebaut und reist nach Leer in die Werkstatt.

So war es ganz selbstverständlich, dass im eigens gefeierten Abschiedsgottesdienst am 16. Januar die Orgel im Mittelpunkt stehen musste. Mit vielen Orgelstücken aus der Zeit zwischen Renaissance und Moderne prägte Kirchenkreiskantor Kai Rudl den Gottesdienst. Das lässt sich im Mitschnitt noch einmal Revue passieren.

Die Geschichte der Otterndorfer Orgel reicht beinahe 500 Jahre zurück. Matthias Mahn (Meister Matzen) aus Buxtehude errichtete 1553 das erste Instrument, ab 1596 erfolgte ein Neubau durch Antonius Wilde aus Otterndorf. Hans Riege (Hamburg) beendet 1662 einen größeren Umbau der Orgel. Aber auch die Kirche selbst verändert sich. Nach eine größeren Umgestaltung von St. Severi baut Dietrich Christoph Gloger (Stade) 1741-42 die große Orgel mit drei Manualen und Pedal. 46 klingende Register und 2.676 Pfeifen stehen zur Verfügung, dabei hat Gloger einen Teil der alten Orgel mitverwendet. Am Ende entsteht die größte Barockorgel zwischen Elbe und Weser.

Die leere Orgel am Nachmittag

Die leere Orgel am Nachmittag (c) Lutz Andreasson

Pfeifen und noch mehr Pfeifen

Pfeifen und noch mehr Pfeifen (c) Irmgard Kröncke

Transport der kleinen Pfeifen

Transport der kleinen Pfeifen (c) Irmgard Kröncke

Verladen der Prospektpfeife durch Markus Collmann

Verladen der Prospektpfeife durch Markus Collmann (c) Irmgard Kröncke

Blick durch die Orgel in den Sternenhimmel

Blick durch die Orgel in den Sternenhimmel (c) Irmgard Kröncke

Kisten mit Orgelpfeifen gut verpackt

Kisten mit Orgelpfeifen gut verpackt (c) Irmgard Kröncke

Orgelbauer mit Pfeifen

Orgelbauer mit Pfeifen (c) Irmgard Kröncke

David mit Harfe am Boden

David mit Harfe am Boden (c) Lutz Andreasson

Spieltisch am Boden

Spieltisch am Boden (c) Irmgard Kröncke

Spieltisch und Register sind ausgebaut

Spieltisch und Register sind ausgebaut (c) Irmgard Kröncke

Im 19. Jhd. wurde die Orgel an den damaligen Geschmack angepasst, mehrere der alten Register wurden gegen zeitgemäße ausgetauscht. 1916 musste die Gemeinde ihre Prospektpfeifen abgeben – das begehrte Zinn wurde für Kriegszwecke dringend benötigt und die Pfeifen wurden eingeschmolzen. Und die Zeiten wurden nicht besser für das Instrument. 1936 wurden Klaviaturumfänge unsachgemäß erweitert, dabei wurde Material verbaut, das nicht zur historischen Substanz passte.

1960-61 und 1978 wurden Reparaturarbeiten am Instrument vorgenommen, die aber keinen technisch stabiles Ergebnis brachten – vom klanglichen Zustand ganz abgesehen. Über die Jahre hinweg fehlte es zunehmend an adäquater Pflege, so dass der Zustand der Orgel 2013 nur noch als katastrophal eingestuft werden konnte. Die Firma Steinhoff (Schwörstadt) führte dann die dringend erforderlichen Sicherungsarbeiten durch. Dadurch blieb das Instrument bespielbar bis die eigentliche Sanierung beginnen konnte. Die hat jetzt begonnen. 1,8 Millionen Euro wird sie kosten – eine gewaltige Summe, die am Ende mit dem Engagement des „Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf e.V.“ aufgetrieben werden konnte. Durch die Wahl zur „Orgel des Jahres 2020“ durch den Publikumspreis Stiftung Orgelklang bekam die Gloger-Orgel bundesweite Aufmerksamkeit. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Restaurierung.

Bis in den Herbst 2023 hinein wird das wunderbare Instrument in Leer restauriert und dann Schritt für Schritt wieder in St. Severi zusammengesetzt. Wenn alles nach Plan verläuft, kann die Wiedereinweihung der Orgel zu Ostern 2024 stattfinden. Bis dahin wird die Gemeinde mit der „Vertretung“ vorlieb nehmen, eine kleine Truhenorgel und ein Keyboard stehen bereit und werden im Gottesdienste erklingen. Die zweijährige Übergangszeit will man auch nutzen, um die Kirche zu sanieren. Dann werden Mauerwerk, Heizung und Raumklima der restaurierten Orgel einen guten Schutz bieten können. Denn nach 500 Jahren soll ihre Geschichte noch viele weitere Kapitel bekommen.