„Orgel des Monats Oktober2025 “ in Berlin
Neulich ging es in der Berliner „Kirche zum Vaterhaus“ zu wie beim Zahnarzt „Der Orgelbauer inspizierte das Instrument und ließ dabei notieren, welche Pfeifen sich in welchem Zustand befanden“, berichtet Pfarrerin Carmen Khan. Seit dieser Anamnese der besonderen Art ist viel passiert: Einige Pfeifen der Orgel sind, ebenso wie der Spieltisch, in die Werkstatt transportiert worden; gleichzeitig arbeiten die Fachleute auch vor Ort in der Kirche. „In der letzten Woche zum Beispiel waren drei Personen acht Tage lang hier, um den Blasebalg neu zu beledern“.
Die Liste der Instandsetzungsarbeiten ist lang, denn: Seit 1994 ward das von den Gebrüdern Dinse im Jahr 1911 gefertigte Instrument auf der Empore der gleichzeitig entstandenen Kirche nicht mehr gehört. Nun soll das glücklicherweise weitgehend originale Instrument – es gilt als das größte erhaltene Exemplar der Gebrüder Dinse – in seiner romantischen Disposition wiederhergestellt werden. 320.000 Euro werden die Maßnahmen kosten. Der Bund hat 150.000 Euro zur Verfügung gestellt; die Stiftung Orgelklang fördert das Projekt mit 4000 Euro.
Natürlich muss auch die Gemeinde selbst einen beträchtlichen finanziellen Beitrag leisten – und das war zunächst keine Selbstverständlichkeit, berichtet Carmen Khan. „Da gab es schon Stimmen, die fragten, ob so viel Geld nicht besser anders verwendet werden sollte.“ Sie selbst gehört unbedingt zu den Befürwortern der Instandsetzung: „Nicht nur, dass der Prospekt der Orgel aussieht wie ein Engel“, sagt Carmen Khan. „Man hat mir erklärt, dass es sich verhält wie mit einer alten Dampflok: Das Instrument ist pneumatisch, also technisch überholt, aber etwas Besonderes. Und sie klingt auch besonders!“

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg

Kirche zum Vaterhaus Berlin Baumschulenweg
Orgelklang oder nicht - die Lösung dieser Kontroverse war salomonisch: Unter der Überschrift „Viel für die Orgel - Orgel für Viele!“ startete die Gemeinde im vergangenen Jahr eine Spendenkampagne, die zwei Ziele hat: „Die eine Hälfte der Spenden geht in den Orgeltopf, die andere wird für Projekte im Kiez verwendet.“ Das Repertoire ist vielfältig: Neben Orgelpfeifenpatenschaften und Benefizkonzerten organisierten die Berliner beispielsweise eine „Silent Disco“ zum Ausklang des Sommerfestes im Kirchgarten, bei der rund 70 mit Kopfhörern bekrönte Tänzerinnen und Tänzer ihren Spaß hatten. („Das war allerdings mehr Öffentlichkeitsarbeit als spendenergiebig“, sagt die Theologin und lacht.) Deutlich größer war der finanzielle Erfolg beim Spendenlauf für Kinder im Rahmen des Kiezfestes vor der Kirche. „Immer wieder wurde von der Bühne aus der Startschuss für eine neue Gruppe von Kindern gegeben, die dann fröhlich ums Karree liefen.“ Das Prinzip „Runde gegen Spende“ bewährte sich, sogar Kampagnenmedaillen gab es für die kleinen Läuferinnen und Läufer. Das allerdings erst ein paar Wochen später, bei einem Gottesdienst im Dezember, mit dem der Beginn der Orgelsanierung gefeiert wurde. „Unsere Kantorin hatte aus diesem Anlass sogar einen Kanon mit dem Slogan der Kampagne komponiert“, berichtet Carmen Khan.
„Viel für die Orgel - Orgel für Viele!“ – das klingt und funktioniert so gut, dass die Pfarrerin die Kampagne gern weiterführen würde, um noch mehr Projekte für Jugendliche zu fördern und gleichzeitig den Erhalt der Orgel zu sichern. Die Rückkehr des Instruments in die „Kirche zum Vaterhaus“ ist für das kommende Jahr avisiert; am liebsten hätte Carmen Khan schon mit den Planungen für den großen Wiedereinweihungsgottesdienst begonnen, den es unbedingt geben soll. Aber noch ist Geduld gefragt: „Vielleicht wird es zu Weihnachten 2026 klappen.“