Orgel in St. Lucia Flemmingen

Gute Stimmung für 864 Pfeifen

In Flemmingen wird die historische Winter-Orgel saniert

Nein, die Touristen sind nicht allein der Orgel wegen da: Das historische Instrument in der Kirche St. Lucia in Flemmingen (Sachsen-Anhalt) ist für den Großteil der Besucher, die vor allem an Wochenenden in die dann geöffnete Kirche kommen, nicht das vornehmliche Ziel: Sie möchten die spätromanischen Malereien in der Apsis und dem Chor bestaunen: Jesus, diverse Engel und den Heiligen Sebastian – allesamt um 1200 gemalt und unbedingt bewunderungswürdig. Trotzdem: Die Besucherblicke haben in den vergangenen Jahrzehnten ganz sicher immer mit Wohlgefallen auch an der Orgel auf der Westempore der Kirche verweilt. Ihre Pfeifen sind in fünf Feldern in einem schönen Prospekt angeordnet, der in einer weißen Fassung mit goldenen Absetzungen gehalten ist.

Carl Winter Orgel Flemmingen

Carl Winter Orgel Flemmingen

Carl Winter Orgel Flemmingen

Carl Winter Orgel Flemmingen

Carl Winter Orgel Flemmingen

Carl Winter Orgel Flemmingen

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Dieses „Schmuckstück Nr. 2“ von St. Lucia, geschaffen im Jahr 1852 von dem wenig bekannten Orgelbauer Carl Winter aus Zeitz, schickt sich an, die Aufmerksamkeit von Gästen und Gottesdienstbesuchern in Zukunft noch stärker auf sich zu ziehen: Seit Jahresbeginn wird das Instrument, das die Stiftung Orgelklang als „Orgel des Monats August“ würdigt, saniert. 864 Pfeifen, Teile der Mechanik und die beiden 250 Kilogramm schweren Windladen sind ausgebaut, und in die Werkstatt des Orgelbauers Bochmann verbracht. „Die Königin beginnt ihre Kur“ meldete das Naumburger Tageblatt Mitte Januar voller Respekt.

Eine Kur, die bitter nottut: Das Pfeifenwerk ist in einem „beklagenswerten Zustand“, sagt Pfarrer Hans-Martin Ilse, der vom Gemeindekirchenrat mit dem Sanierungsprojekt betraut ist, „die letzte Stimmung war zu tief angelegt“. Aufgearbeitet werden müssen auch die Prospektpfeifen, ebenso wie der Spielschrank, dessen Klaviaturen stark ausgespielt sind. Auch die Traktur und die Windanlage sind instand zu setzen. Der letzte Schritt ist zugleich der heikelste: die Stimmung und Intonierung aller Pfeifen.

Überschaubar ist die Zahl der Bewohner Flemmingens – rund 500 Menschen leben im Ort – und noch kleiner ist mit etwa 180 Mitgliedern die Gruppe der zur Kirchengemeinde gehörenden Flemmingener. Trotzdem, betont Hans-Martin Ilse, ist die Gemeinde eine sehr aktive. „Jedes Jahr haben wir zwei oder drei Taufen und Trauungen, und unser Posaunenchor ist in der gesamten Region bekannt“. Aktiv sind die Gemeindeglieder folgerichtig auch, wenn es um ihre Orgel geht. „Schon im Jahr 2009 wurde begonnen, für die sich abzeichnende Sanierung zu sammeln“, sagt der Pfarrer. Der Impuls kam von einem Kirchenmitglied: „Eine Dame, die viele Jahre lang unsere Orgel spielte, hat irgendwann aufgegeben, weil das Instrument zu kläglich klang. Daraufhin hat ihr Sohn mit dem Spendensammeln begonnen“, erinnert sich Ilse. Beim nächsten Weihnachtsbasar hätten der junge Mann und einige Mitstreiter Gebackenes und Gebasteltes zugunsten einer Orgelsanierung verkauft. „Nach drei Jahren haben wir dann gesagt: ‚Jetzt müssen wir Nägel mit Köpfen machen‘.“ Insgesamt werden die Kosten der Sanierung auf etwa 70.000 Euro geschätzt. Die Stiftung Orgelklang fördert das Projekt mit 3.000 Euro.

Auch beim Ausbau der Orgel im Januar haben die Flemmingener tatkräftig mitgewirkt. Ende Oktober soll die „Königin“ in die Kirche zurückkehren. Hans-Martin Ilse ist zuversichtlich: „Wir hoffen, am ersten Novemberwochenende die Kirchweih-Feier mit der Einweihung der Orgel verbinden zu können. Das Einweihungs-Konzert ist fest geplant.“