Stiehr-Orgel von 1942 in St. Georg zu Kandel
Stiehr-Orgel von 1942 in St. Georg zu Kandel

Mit Kräutermarkt und Kosaken zu altem Klang

„Orgel des Monats August 2019“ in Kandel

Wie Ökumene geht, zeigt das Ehepaar Doris und Dieter Luppert aus Kandel in der Pfalz. Die beiden – er katholisch, sie evangelisch – sind seit 54 Jahren glücklich verheiratet. Und als die Protestantische Kirchengemeinde Doris Luppert vor einigen Jahren für den Förderverein der St. Georgskirche gewinnen wollte, „da sagte sie: ‚Ich habe keine Zeit, aber mein Mann kann das machen.‘ So hat sie mich angedient und - schwupps - hatte ich den Job als Vorsitzender“. Dieter Luppert lacht, wenn er diese Geschichte erzählt. In den sechziger Jahren ist er nach Kandel gezogen, die heute protestantische St. Georgkirche hat er noch als Simultankirche kennen gelernt.  Der „kraftvolle Klang“ der dortigen Orgel hat ihn von Anfang an begeistert. „Orgelbauer waren damals große Künstler“, meint Dieter Luppert. Dass der Förderverein die gerade begonnene Sanierung des Instruments unterstützt, ist Ehrensache.

Im Jahr 1842 wurde die nach Entwürfen des bayerischen Hofarchitekten August von Voit (der auch die Neue Pinakothek in München konzipierte) von Joseph Stiehr erbaute Orgel in der St. Georgkirche eingeweiht. Sie ist die einzige romantische Stiehr-Orgel in der Pfalz, die bis heute erhalten ist. Lange Zeit blieb das auf der Westseite des Kirchenschiffs freistehende Instrument unverändert, bis Anfang der siebziger Jahre eine Renovierung vorgenommen wurde, die von heutigen Experten höflich als „unsachgemäß“ bezeichnet wird. Nach diesen stilfremden Eingriffen ist die Orgel nicht mehr renoviert worden. Heute haben Organisten Mühe, ihren unverwechselbaren Klang hervorzulocken.

St. Georg Kandel

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Ziel der Sanierung ist es, diese Mühen zu ebenen und die originale Klangfarbe der Stiehr-Orgel wiederherzustellen. Die Prospektpfeifen sollen so geordnet werden wie einst, Spielanlage und -mechanik werden nach Vorbildern anderer Stiehr-Instrumente rekonstruiert, Windladen und Pfeifen denkmalgerecht restauriert. Neue Pfeifen werden als Kopien erhaltener gefertigt. Am Ende soll „ein Sinnbild von Harmonie und Ganzheitlichkeit“ entstehen, heißt es auf der Internetseite der Gemeinde. Die Kosten sind mit 417.000 Euro veranschlagt. Die Stiftung Orgelklang fördert die Maßnahmen an ihrer „Orgel des Monats August 2019“ mit 5.000 Euro.

Bei der Finanzierung des Großprojekts kommen neben den Mitgliedern der Gemeinde, die seit Jahren regelmäßig mit kleineren und größeren Spenden einen erheblichen Beitrag leisten, auch Dieter Luppert und der Förderverein wieder ins Spiel. Zunächst sind da die Beiträge der 80 Mitglieder: 3,50 Euro pro Monat und Person. „Außerdem backen unsere Damen regelmäßig Kuchen, die wir auf dem Kräutermarkt und bei allen anderen möglichen Festen verkaufen.“ Bis zu 2000 Euro pro Anlass bringt die Kuchenlust der Kandeler dem Verein, also der Orgelsanierung. Und dann gibt es natürlich regelmäßig Konzerte. Die besucht Dieter Luppert auch persönlich immer gern. „Wir haben schon mehrfach das bekannte Gesangsduo Marshall & Alexander, die Parforcehornbläsergruppe aus der Südpfalz und den Schwarzmeer-Kosaken-Chor“ als Gäste eingeladen, sagt er nicht ohne Stolz.

Da der Vorsitzende des Fördervereins aus Altersgründen nicht mehr berufstätig ist, bleibt ihm viel Zeit, sich auch anderswo Kirchen und Orgeln anzuschauen. Leipzig, München, Dresden - immer ist auch ein Besuch der örtlichen Sehens- und ‚Hörenswürdigkeiten‘ auf dem Programm. Dieter Luppert und seiner Frau ist es wichtig, sich gut auszukennen mit Baustilen und Kunstepochen. Das berühmte Goethe-Zitat „Man sieht nur, was man weiß“ trifft für ihn in vielen Lebenslagen zu: „Wenn ich in Feld und Wald spazieren gehe und weder die Bäume noch den Unterschied zwischen Roggen und Weizen kenne, dann sehe und erlebe ich weniger als mein Hund, denn der kann das wenigstens riechen.“

Nun, bei gutem Orgelklang ist die Sache jedenfalls grundsätzlich zugunsten des Menschen entschieden. Und so freut man sich in Kandel sehr auf die wiederhergestellte Orgel. Während das Instrument derzeit im Elsässischen runderneuert wird, wollen Gemeindemitglieder seinen Stammplatz „mit einem Glattstrich“ herausputzen, kündigt Dieter Luppert an. „Die Orgel bekommt ein schönes neues Bett“. Spätestens zu Pfingsten wird sie es beziehen und dann hoffentlich wieder genauso klingen wie vor 177 Jahren.