Orgel von Furtwängler & Hammer (1886) in St. Ulrich Haimar (Niedersachsen)
Orgel von Furtwängler & Hammer (1886) in St. Ulrich Haimar (Niedersachsen)

„Was wäre die Kirche ohne ihre Orgel?“

Orgel des Monats Februar 2022 in Haimar

„Wir haben einen großen Traum“, sagt Doris Fischer. Und wie Träume so sind, kostet auch dieser so einiges: rund 80.000 Euro, viel Geduld und jede Menge Zinn. Im Mittelpunkt der Vision steht die historische Orgel in der St.-Ulrichs-Kirche im niedersächsischen Haimar. Doris Fischer sieht das Instrument vor ihrem inneren Auge auf der Empore von lauschenden Zuhörerinnen und Zuhörern umringt. Damit dieser Traum, den die stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstands mit vielen Menschen in der Gemeinde teilt, Wirklichkeit werden kann, muss noch viel geschehen. Trotzdem ist er inzwischen in fast greifbare Nähe gerückt, und das nicht zuletzt dank der Stiftung Orgelklang.

Denn – man ahnt es: Die denkmalgeschützte Orgel in der Ulrichskirche muss zunächst saniert werden. 1886 von der Hannoveraner Firma „P. Furtwängler & Hammer“ mit 15 Registern als Opus 227 erbaut, gehört die Kegelladenorgel zu den wenigen noch gut erhaltenen Zeugnissen der Orgelbaukunst der Jahrhundertwende. Die Verwendung von mechanischen Kegelladen hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts nur für einen kurzen Zeitraum im Orgelbau durchgesetzt; diese heute selten anzutreffende Bauart unterstreicht den besonderen Charakter der Orgel in Haimar.

Das originale romantische Klangbild wurde in den 50er Jahren dem damaligen Zeitgeschmack angepasst. Pfeifen wurden im großen Maßstab zurückgeschnitten und umgestellt, um eine hellere, neobarocke Klangfarbe zu erhalten. „Dieser neobarocke Klang konnte nie recht überzeugen, er wirkt künstlich und spröde“, sagt Doris Fischer. Hinzu kommt natürlich, dass 136 Lebensjahre auch sonst nicht spurlos an dem Instrument vorübergegangen sind. Insbesondere der Holzwurm hat sich durch viele Holzteile der Orgel gefressen. Seit 2007 ist sie weitgehend stillgelegt, während eine neue, elektrische Schwester die Begleitung der Gottesdienste übernimmt. „Nur manchmal macht der Organist eine Ausnahme. In diesem Jahr wurden immerhin ein paar Weihnachtslieder auf der Orgel gespielt.“

St. Ulrich Haimar

St. Ulrich Haimar

St. Ulrich Haimar

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St. Ulrich Haimar

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So soll es nicht weiter gehen, entschied man in Haimar. Die Orgel wird also umfassend gereinigt und saniert, vorhandene Pfeifen instandgesetzt, fehlende ergänzt. Um dem Instrument zu seiner ursprünglichen Klangkraft und -farbe zurückzuhelfen, sammelt man schon seit gut zehn Jahren Spenden, berichtet Doris Fischer. Benefizkonzerte und freie Kollekten gab es; auch eine „Orgelreise“, eine Radtour von Kirche zu Kirche durch die Region, bei der jedes Ziel mit Speis, Trank und schönen Orgelklängen lockte, brachte Spenden für die Sanierung. Im Augenblick macht die Pandemie den Fundraisern auch in Haimar das Leben schwer, trotzdem gibt es Pläne: In wenigen Tagen wird der Pastor den Gottesdienst mit Posaune und Band bestreiten, das ausgefallene Weihnachtskonzert wird in den Mai verlegt. Und nicht zuletzt gibt es die Aktion „Herztöne“ im Internet, in deren Rahmen gleich für die Orgel der Nachbargemeinde in Rethmar mitgesammelt wird. Sehr dankbar ist man auch für die Unterstützung der Stiftung Orgelklang, die 10.000 Euro für die Restaurierung zur Verfügung stellt.

Beginnen werden die Arbeiten vermutlich erst im kommenden Jahr: Der Orgelbauer ist gebucht, aber noch anderweitig in der Pflicht. Außerdem gibt es derzeit Lieferschwierigkeiten für das benötigte Zinn. Der Entschluss der Haimarer steht trotzdem fest. „Wir können die Orgel doch nicht verrotten lassen“, sagt Doris Fischer. „Wir haben eine schöne Kirche, wir haben den nötigen Raum und ein seltenes, historisches Orgelwerk – und was wäre die Kirche ohne ihre Orgel?“