Reubke-Orgel in Görsbach (Thürigen)
Reubke-Orgel in Görsbach (Thürigen)

Wiederherstellung eines „besonderen Grooves“

Orgel des Monats Juni 2018 in Görsbach

Einen „ganz besonderen Groove“ hat sie, die Orgel in der St. Mauritius-Kirche im thüringischen Görsbach. Das meint Michael Kremzow. Der Kantor der St. Blasiikirche im benachbarten Nordhausen ist als Sachverständiger zuständig für das Instrument - und begeistert davon. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zuerst ist da natürlich der spezielle, weiche Klang: „Die Orgel eignet sich auch besonders für jazzige Stücke“, sagt Michael Kremzow. Und dann die Herkunft: Die „Orgel des Monats Juni 2018“ ist das größte noch unveränderte Instrument aus der Orgelbauerwerkstatt Reubke.

Gegründet wurde diese Werkstatt in Hausneindorf von Adolph Reubke (1805 - 1875), der zu den bedeutendsten Orgelbauern des 19. Jahrhunderts gehörte. Er schuf überwiegend romantische Instrumente für Gemeinden im nördlichen Harzvorland. Sein wichtigstes Werk entstand zwischen 1856 und 1861 für den Magdeburger Dom. Diese damals größte Orgel Preußens wurde 1906 abgebaut. Sein Sohn Emil (1836 - 1884) führte die Werkstatt in der zweiten Generation. Er wagte sich als erster deutscher Orgelbauer an die Erstellung von Instrumenten mit pneumatischer Kastenlade. Die Orgel in Görsbach baute er kurz vor dieser Zeit, im Jahr 1878.

auf der Landkarte anzeigen

Stolze 140 Jahre lang hat die „alte Dame“ in St. Mauritius inzwischen ihren Dienst getan - naturgemäß hat ihr „Engagement“ im Laufe der Jahre etwas gelitten. Sieben Register funktionierten am Ende gar nicht mehr, Dreck und Abnutzung machten ein gut zu hörendes Spiel auf dem Instrument fast unmöglich. Zeit für eine Instandsetzung, befand die Gemeinde: Im April gab die Reubke-Orgel mit dem Gruß „Auf Wiederhören!“ daher ein vorläufiges Abschiedskonzert, seitdem befindet sie sich in der Werkstatt. Dort werden die Pfeifen repariert, die Klaviaturen aufgearbeitet, die Windladen abgedichtet. Bauliche Veränderungen sind nicht vorgesehen - das kostbare Original soll erhalten bleiben. Rund 73.000 Euro kostet die Wiederbelebung des historischen Instruments. Die Stiftung Orgelklang fördert die Maßnahmen mit 7.000 Euro.

Die Initialzündung zur Sanierung brachte Michael Kremzow vor drei Jahren nach Görsbach. Bei einer von ihm organisierten „Bach & Bikes-Fahrradtour" setzte er sich an den Spieltisch der Reubke-Orgel und entlockte ihr trotz des mangelhaften Zustandes eine unerwartete Klangvielfalt. Die Zuhörerinnen und Zuhörer waren begeistert. Seitdem hat die Gemeinde Feuer gefangen und lässt sich einiges einfallen, um die finanzielle Zusatzbelastung stemmen zu können. „Bücher für Orgelpfeifen“ heißt eine Aktion: Gebrauchte Bücher werden zu Gunsten der Orgel verkauft, ebenso wie Kuchen und Getränke. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sorgten und sorgen für Spendeneinnahmen beim Gemeindefest, Adventsmarkt oder bei Benefizkonzerten.

„Aufgrund seiner positiven Gesamtwirkung in der Region“, so heißt es im Antrag der Gemeinde, soll das Projekt der Orgelsanierung besonders engagiert angegangen werden. Denn: Sobald das Instrument in die St. Mauritius-Kirche zurückgekehrt ist, wird es eine der wenigen funktionierenden Orgeln in der Region sein. Und damit besonderen Glanz in die Kirche bringen, von der natürlich auch die Gemeinde insgesamt profitiert, nicht nur bei den Gottesdiensten. Klassische Orgelkonzerte sollen künftig in Görsbach häufiger stattfinden. Und vielleicht wird eines Tages auch das in Aussicht genommene Symposium über den Orgelbau Reubke realisiert werden können, sodass auch die Heimatwerkstatt der Orgel noch einmal eine angemessene Würdigung erfährt.