Orgel in der Emmanuelkirche in Köln-Rondorf

Mit Mut und Sorgfalt

In Rondorf wird bereits die zweite historische Orgel gerettet

„Es sieht aus wie ein Scheiterhaufen, aber es ist eine absolute Sensation.“ Mit diesen Worten begann ein Zeitungsartikel, der im Jahr 2004 die Entdeckung einer Orgel zum Inhalt hatte. Tatsächlich verwies das im Keller des Kölner „Schnütgen Museums“ für mittelalterliche Kunst entdeckte Instrument alle seine Schwestern in der Region mit einem Schlag auf die Plätze. Die in Einzelteile zerlegte Orgel konnte dem bergischen Orgelbauer Jacob Engelbert Teschemacher (1711 - 1782) zugeordnet werden, der das Instrument wahrscheinlich im Jahr 1744 geschaffen hat. Das Gehäuse aus braun gebeiztem Eichenholz, die Pfeifen in vergoldeter Rokokoeinfassung, ist nicht nur das Alter der Barockorgel sensationell: „Es gibt weltweit nur noch vier Instrumente von Teschemacher, die so vollständig erhalten sind wie diese“ sagt der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Rondorf, Thomas Hübner. Und: Dank ihrer bemerkenswerten Geschichte blieb die Teschemacher-Orgel als einziges Instrument ihrer Art im Zweiten Weltkrieg von den Bombenangriffen auf Köln verschont.

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

Teschemacher-Orgel, Emmanuelkirche Köln-Rondorf

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Diese Geschichte beginnt in Wuppertal-Elberfeld. In der dortigen Werkstatt Teschemachers entstanden, findet die Orgel für immerhin 161 Jahre ihren Platz in der evangelischen Kirche zu Kaldenkirchen. Nachdem sie dort ausgemustert und über Umwege an den Kunstsammler Alexander Schnütgen (1843 – 1918) verkauft wird, geht sie auf dessen Wunsch hin 1910 in die städtische „Sammlung Schnütgen“ über, das heutige Museum Schnütgen. Dort ist das wertvolle Instrument für eine Ausstellung zunächst wieder aufgestellt, anschließend aber wird es erneut zerlegt – und dies auf höchst unsachgemäße Weise, wie Thomas Hübner weiß: „Aus Platzgründen wurden die Metallpfeifen liegend eingelagert, dadurch sanken sie im Laufe der Zeit regelrecht in sich zusammen“. Auch das Gehäuse nahm Schaden - so wird das Bild des „Scheiterhaufens“ zu erklären sein, das sich 2004 bei der Wiederentdeckung der zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen Instruments geboten haben muss. Trotz ihres desolaten Zustands sorgte die Orgel für einigen Aufruhr in Fachwelt und Presse. Einigkeit bestand darin, dass das Instrument restauriert werden und wieder erklingen müsse. Allein der Ort, an dem dies geschehen sollte, stand noch nicht fest.

Dies war die Stunde der Evangelischen Kirchengemeinde Rondorf in Köln. Die Gemeinde, die Hübner als „die jüngste zwischen Basel und Rotterdam“ bezeichnet, lebt seit 1990 das, was man einen „musikalischen Schwerpunkt“ nennt. 250 Schüler hat die gemeindeeigene Musikschule, die Grundstein ist für die gesamte Kinder- und Jugendarbeit. Es gibt eine Brassband, eine Kurrende für Kinder und Jugendliche, ein Orchester, einen Oratorienchor, es gibt Musikunterricht im Kindergarten und jedes Jahr eine Kinder-Musikfreizeit. Sofort nach Bekanntwerden des Fundes der Teschemacher-Orgel wurde der Pfarrer tätig; er bot der Leitung des „Museums Schnütgen“ an, das Instrument restaurieren zu lassen und in der Rondorfer Emmanuelkirche aufzustellen.

Acht Jahre sollte es dauern, bis diesem Wunsch entsprochen wurde. Doch das Warten hat sich gelohnt: Seit Januar sind die Arbeiten an der „Orgel des Monats April“ endlich in vollem Gange. „Untergehäuse und Pfeifen sind fertig saniert“, berichtet Hübner, „nun ist die Windlade an der Reihe, die gesamte Mechanik muss rekonstruiert werden, ebenso der Spieltisch, die Register und Pedale“. Aufwendig ist die Wiederherstellung des wertvollen Instruments, und die Sanierer nehmen ihre Aufgabe sehr ernst: Für die korrekte Restaurierung der Windanlage soll das Schweizer Parallelmodell aufgesucht werden, eine Exkursion zur Teschemacher-Orgel in den Niederlanden wurde schon unternommen. Ebenso genau sind die zeitlichen Planungen: Am 1. Advent soll der 270 Jahre alte Neuzugang mit einem großen Einweihungskonzert in der Emmanuelkirche begrüßt werden.

Dort wird die barocke Kabinettorgel dann das erste Mal auf ihre jüngere, romantische Schwester treffen, die in der „Musikkirche“ in Rondorf selbstverständlich schon vorhanden ist. Die Gerhardt-Orgel aus dem Jahr 1880 galt bis zur Entdeckung des Teschemacher-Instruments als die älteste Orgel Kölns, „wir haben Sie von einem Dachboden gerettet“, sagt Hübner stolz. Übung bei der Restaurierung eines historischen Instruments ist also durchaus vorhanden – aber wie steht es mit der Finanzierung einer weiteren Orgel? 239.864 Euro, so die – natürlich genauen - Berechnungen in Rondorf, wird die Rundum-Erneuerung des Teschemacher-Werks kosten. Eine tragende Rolle kommt hier der Stiftung Orgelklang zu: Mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags, ganze 127.332 Euro wird sie zur Verfügung stellen; 117.332 Euro davon stammen aus einer Projektspende des örtlichen Fördervereins. Damit ist ein entscheidender Schritt getan; im Blick auf das noch fehlende Geld macht Hübner sich keine Sorgen. Seit 32 Jahren ist er in Rondorf tätig, und er weiß, „dass unsere Mitglieder bereit sind, Geld zu spenden, wenn es um die Unterstützung der Gemeinde geht – insbesondere um die musikalische Förderung, die ja auch ihren Kindern zugute kommt“. Und so ist es wohl nicht nur Gottvertrauen, das durchklingt, wenn der Pfarrer sagt: „Wenn man den Mut hat, etwas zu unternehmen, dann wird es auch etwas.“