Wagner-Orgel in der Dorfkirche Wartin

Hochzeitsmärsche mit Zimbelstern

Im brandenburgischen Wartin soll die Wagner-Orgel ihren vollen Klang zurückerhalten

Der Name Wagner hat, wenn es um musikalische Phänomene geht, einen besonderen Klang. Und das nicht etwa erst seit dem 19. Jahrhundert. Zumindest im Blick auf die Welt der Orgelklänge gibt es einen früheren Träger dieses Namens, der aller Rede wert ist: Joachim Wagner, 1690 als Sohn eines Pfarrers geboren, wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur prägenden Gestalt des märkischen Orgelbaus. Sein Wirken verschaffte ihm den Beinamen „Brandenburger Silbermann“; tatsächlich hatte Wagner zwei Jahre lang bei dem berühmten sächsischen Orgelbauer als Geselle gearbeitet. Wagners Werke, es waren rund 50, „zeichneten sich durch technische Gediegenheit, Innovation und klangliche Brillanz aus“, heißt es in der Fachliteratur; etwas unverblümter drückt man sich in Wartin aus: „Unsere Orgel klingt am schönsten“. In der Kirche des brandenburgischen Örtchens nahe Schwedt an der Oder nämlich ist eine der letzten gut erhaltenen Wagner-Orgeln zu finden, „die einzige im Raum der Nordkirche“, weiß Kreiskantor Daniel Debrow. Debrow, der nicht selten höchst selbst die Orgeltasten in der Kirche zu Wartin betätigt, kann sich der allgemeinen Zuneigung zum Instrument nur anschließen: „Die Orgel hat einen ganz besonderen, klar zeichnenden barocken Klang“, sagt er, und: „so etwas gibt es heute nur noch selten“.

Kirche Wartin

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Außergewöhnlich, weiß Debrow, ist insbesondere der hohe Anteil an historischer Originalsubstanz im Instrument, das die Stiftung Orgelklang zur „Orgel des Monats September“ kürt. Der fein geschnitzte barocke Prospekt erfreute damals schon den Betrachter; „die Pfeifen sind so gut wie nie verändert worden und was heute fehlt, wie zum Beispiel die Trompetenengel- und Zimbelstern-Mechanik, können wunderbar rekonstruiert werden“.

Genau dies wird bald tatsächlich geschehen: Die Gemeinde Blumberg, zu der das Dorf Wartin gehört, hat die vollständige Restaurierung der Wagner-Orgel beschlossen. Denn seit im vergangenen Winter schmelzender Schnee durch das Kirchendach in die Orgel eingedrungen ist und sie stark beschädigt hat, kann das Instrument kaum noch seine volle Klangpracht entfalten.

Erbaut wurde die denkmalwerte Orgel im Jahr 1744, ursprünglich als Brüstungsorgel mit seitenspieliger Anlage. Als im 19. Jahrhundert die Empore eine Erweiterung erfuhr, wurde die an der Seite der Orgel befindliche Spielanlage nach vorn an die Frontseite verlegt, wobei das wagnersche Gehäuse einen neuen Unterbau erhielt; einige Register wurden dem Zeitgeschmack entsprechend verändert.

„Einige Orgelforscher hatten sich für eine Rekonstruktion des bauzeitlichen Zustands der Orgel ausgesprochen“, erinnert sich der Kreiskantor. Lange habe man überlegt, welches Konzept der Sanierung zugrunde gelegt werden sollte. Doch die ursprüngliche Konstruktion der Empore wiederherzustellen erschien den Verantwortlichen schlussendlich zu kompliziert, zumal „das solide angefertigte Untergehäuse aus dem 19. Jahrhundert seine ästhetische Berechtigung hat“. Auf diesem Untergehäuse sollen die neun Register der ursprünglichen Wagner-Disposition nun restauriert und rekonstruiert werden. 125.000 Euro sind dafür veranschlagt, „50.000 sind schon da“, sagt Debrow. Die Stiftung Orgelklang unterstützt das Projekt mit 13.000 Euro.

Im vergangenen Jahr hat der Kreiskantor Geld für die Sanierung der historischen Orgel mit Benefizkonzerten eingespielt; in diesem Jahr ist dies aufgrund der Wasserschäden durch die Schneeschmelze nicht mehr möglich. Wo die Musik die Segel streichen muss, setzt die Gemeinde auf die Liebe: Die kleine Kirche in Wartin ist eine beliebte Hochzeitskirche. „Aus dem Berliner Umland kommen viele Paare, die im Wartiner Schloss wohnen und sich in dieser Kirche trauen lassen“, sagt Debrow, „in diesem Sommer und Herbst waren es sicher rund 20“. Das glückliche Klientel ist ein großzügiges, die Sammlungen für die Orgel sind entsprechend ertragreich. Wie viele Ja-Worte noch notwendig sind, um die Sanierung vollständig zu finanzieren, hat der Kreiskantor nicht errechnet. Er setzt trotzdem darauf, dass die Hochzeiten in Wartin schon bald wieder von Trompetenengel und Zimbelstern begleitet werden können.